Motiv Kö


Carsten Petersen

Auf Foto-Pirsch in der Prachtstraße

Machen Sie sich mal ‘n Bild! – Die Königstraße als Foto-Motiv ist eine Sache für sich. Nicht nur beim Surfen im Internet, auch wer die Bildbände und Broschüren über die Stadt Elmshorn der vergangenen Jahrzehnte durchblättert, stellt schnell fest: Das Motiv Königstraße ist erstaunlich selten zu sehen. Auf jeden Fall steht die Anzahl der Königstraßen-Fotos nicht annähernd im Verhältnis zur Bedeutung, die der Straße zugeschrieben wird. Woran liegt das?

Sicherlich wird kein Elmshorn-Besucher oder Einheimischer seinen Freunden ein Foto posten, um zu zeigen, wie schön die Rossmann-Filiale in der Elmshorner Königstraße ist. Auch bieten sich ungenutzte Läden nicht gerade als Postkarten-Motiv an. Trotzdem: Nur der Mangel an architektonischen Besonderheiten kann nicht allein der Grund sein, warum die Kö nicht d a s Top-Motiv in Elmshorn ist.

Die Top Ten der Elmshorn-Motive

Ein Postkarten-Motiv mit Hindernissen: Erstens muss der Fotograf wissen, wo es ist, und zweitens ist er ohne Teleobjektiv zur Erfolglosigkeit verdammt. Das trifft vor allem (noch) die Motiv-Sucher mit Smartphone. Foto: Carsten Petersen

Es steht im Fokus seit es die Fotografie gibt: Das 240 Jahre alte Haus Nummer 56, die heutige Stadtbücherei und Theaterkasse. Aber Achtung: Die Königstraße ist eng, das Motiv „kippt“ schnell. Foto: Carsten Petersen

Es steht im Fokus seit es die Fotografie gibt: Das 240 Jahre alte Haus Nummer 56, die heutige Stadtbücherei und Theaterkasse. Aber Achtung: Die Königstraße ist eng, das Motiv „kippt“ schnell. Foto: Carsten Petersen

Immerhin, das Möhringsche Haus (Stadtbücherei) und die Uhr der Sonnenapotheke gehören jeder Kritik zum Trotz in die Top Ten der Elmshorn-Motive – wenn auch abgeschlagen von der Weißen Villa, dem Wasserturm, dem Torhaus mit Brunnen, der Gloria und der Klostersande und seit einigen Jahren der Käpten-Jürs-Brücke. Doch bei den beiden Königstraßen-Motiven zeigt sich die Problematik, die Fotografen wie Stadtplaner mit der Elmshorner „Prachtstraße“ haben: Sie ist einfach zu eng. Während man die Weiße Villa unfallfrei und mit allen Linien des Motivs im rechten Winkel für die Ewigkeit festhalten kann, wird die Sache beim Möhringschen Haus schon extrem wackelig. Und die Sonnenuhr? Sie ist – in luftiger Höhe – mit einem gängigen Smartphone (noch) kaum erreichbar.

Die Kö „ärgert“ Fotografen: Zu eng, zu schattig

Außerdem ist die Königstraße nicht nur sehr eng, sie beschreibt in ihrem Verlauf auch eine Kurve. Und gerade in dieser Kurve befindet sich zum Leidwesen der Fotografen ein Gebäudeklotz, den niemand auf einem schönen Foto haben möchte: das grau-weiße Telekom-Ungetüm. Solche Objekte sind nun wirklich nichts für Instagram & Co . . . Und wer sich dann trotzdem entschlossen hat, einmal nicht nur die Königstraße entlang zu gehen, sondern auch einmal entlang zu fotografieren, stellt schnell fest: In der Enge zwischen den Häusern fehlt entweder das Sonnenlicht gänzlich oder es wirft mächtige Schatten an die Fassaden. Für den einfachen und schnellen Schnappschuss ist das nichts.

Das ist auch keine Lösung: Den hässlichen, weiß-grauen Gebäude-Klotz der Telekom in der Mitte der Königstraße (und des Fotos) einfach bei der Aufnahme hinter einem Schild verstecken. Foto: Carsten Petersen

Zurück zur Sonnenuhr: Von ihr muss der Besucher wissen, dass sie da (oben) ist. Auch für andere Gebäude in der Königstraße gilt: Oben hui, unten pfui. Es gibt so manch Schönes in der Königstraße zu entdecken – aber nicht in Augenhöhe. Während man vom ersten Stockwerk an aufwärts meist noch von Architektur sprechen kann, findet sich im Erdgeschoss viel zu oft nur ein billiger Einheitsbrei von Leichtbaufassaden nebst Leuchtschriftzügen. Die Königstraße ebenerdig – nicht selten grottenschlecht.

Motivsuche in der Kö ist schwer. Wer postet schon gern aus Elmshorn: Seht mal, wie „schön“ unsere Rossmann-Filiale ist. Foto: Carsten Petersen
Es lohnt sich in der Königstraße nicht nur bei der Sonnenapotheke nach oben zu schauen: Über den Läden lässt sich so manches dekoratives Kleinod entdecken. Foto: Carsten Petersen
Andererseits kann auch das ungenutzte Schaufenster einer Spielhalle zum Motiv werden – es muss ja nicht gleich eine Postkarte werden. Foto: Carsten Petersen

Bei dieser Austauschbarkeit im Aussehen bundesdeutscher Fußgängerzonen fällt dem Besucher auch in der Königstraße kaum etwas Besonderes auf. Es gibt nichts, was ihn dazu veranlassen könnte, das Smartphone aus der Tasche zu holen. Es sei denn, er möchte einmal festhalten, was ihn trotzdem auffällt: Ein unaufgeräumter, verwaister Kino-Eingang in der Mitte der Haupteinkaufsstraße zum Beispiel oder auch die ungenutzten Schaufenster einer Spielhalle – das wird dann mit nur einem Wort gepostet: supernormal! Es ist eben alles eine Sache der Perspektive. Und eine andere Sichtweise zeigt: Die Sanierung der markanten Eckhäuser von Volksbank und Bäckerei Junge, das Verbot der Reklame-Aufsteller, viele Pflanzkübel und eine moderne Weihnachtsbeleuchtung schaffen erste neue und vielversprechende Blicke auf das Motiv Königstraße.

Zum Schluss ein Tipp für alle Fotografen: Bei der Motivsuche in der Königstraße auf keinen Fall den Humor verlieren. Foto: Carsten Petersen

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