Der verschwundene Zebrastreifen

Die Königstraße wird Fußgängerzone – ein erster Versuch, 1964. Foto: E.-G. Scholz, Privatbesitz

Kennen Sie noch „Die Ampelmännchen“? Nein? Zwanzig Jahre lang, von 1984 bis 2004 sorgten „Rot“ und „Grün“ in Form von Hörspielen in deutschen Kinderzimmern für die Verkehrserziehung der Kleinsten.

Eine der spektakulärsten Folgen „Der verschwundene Zebrastreifen“, handelt vom Ausbruch weier Zebras aus dem Zoo. Nachdem die Zebras einen Zebrastreifen überquert hatten, verschwand dieser – eine Katastrophe für die Ampelmännchen! Stellen Sie sich vor: Genau das ist in Elmshorn passiert. Doch waren es keine Zebras, die den Streifen entfernten, sondern Menschen. Aber der Reihe nach.

Eine Ampel für die gefahrlose Überquerung der Holstenstraße wird installiert, 1964. Foto: E.-G. Scholz, Privatbesitz

Schon zum 1. Oktober 1964 war geplant, die Königstraße zur Fußgängerzone zu machen. Damit einherging, dass eine Regelung für den Verkehr gefunden werden musste, der nun über die Holstenstraße umgeleitet werden sollte. Um das Problem der gefährlichen Kreuzungswege an der Holstenstraße zu lösen, wurde daher am 1. Dezember 1964 eine Ampel in Betrieb genommen.[1]

Neben der Ampel gab es an der Holstenstraße nun einen Zebrastreifen. Bereits am 1. Juni des selben Jahres war eine neue Verordnung des Bundesverkehrsministeriums für die Benutzung von Zebrastreifen in Kraft getreten. Doch wollten sich die Elmshorner*innen – wie ein Artikel in den Elmshorner Nachrichten anlässlich der Inbetriebnahme der Ampel verrät – nicht wirklich an die ordnungsgemäße Benutzung gewöhnen. Viele liefen einfach neben dem Zebrastreifen oder blieben mittendrin für ein Schwätzchen stehen. Kontrolliert wurden sie dabei von einem Verkehrspolizisten.

Regelt den Verkehr: Ein Verkehrspolizist vor dem Zebrastreifen an der Kreuzung Königstraße/Berliner Straße/Holstenstraße, 1964. Foto: E.-G. Scholz, Privatbesitz

Die Zeitung leistete Aufklärungsarbeit. So habe „[d]er Fußgänger […] zwar auf Zebrastreifen und an Kreuzungen, sofern er ein Überquerenwollen anzeigt, ,Vorfahrt’, ist aber verpflichtet, die Kreuzung in angemessener Eile auf dem kürzesten Weg zu überqueren. Außerdem ist er verpflichtet, die Straße nicht irgendwo, sondern nur an den vorgesehenen Stellen zu überqueren. Auch wenn damit ein kleiner Umweg bis zur nächsten Kreuzung oder Straßenmündung verbunden [sei].“[2] Nun also sollte eine zweimonatige „Zebrastreifen-Erprobungsphase“ starten. Die Königstraße wurde während dieser Zeit zur Fußgängerzone erklärt.

Kurz und gut: Das Experiment scheiterte. Zwar blieb die Ampel erhalten, doch wurde angeordnet, den Fußgängerüberweg wieder zu entfernen. So wurden italienische Gastarbeiter beauftragt, „unter den Augen schmunzelnder Passanten den Fußgängerüberweg an der Kreuzung Königstraße/Holstenstraße [zu entfernen].“ Das Projekt Fußgängerzone, das schließlich erst 1972 umgesetzt wurde, war damit wieder vom Tisch. Die Ampelanlage musste wieder umgestellt, die Königstraße wieder für den Autoverkehr geöffnet werden. „Nach zwei Monate langem Fußgängerstreifen-Experiment wird die Königstraße nun wieder für den Verkehr freigeben, wenn auch in umgekehrter Richtung, von der Kreuzung Holstenstraße zur Kirche“.[3]

Experiment missglückt. Die Fußgängerzone wird wieder für den Autoverkehr freigegeben, 1965. Foto: E.-G. Scholz, Privatbesitz

[1] „Um 16.30 war es soweit: Die Fußgänger ergriffen Besitz von der Königstraße“, Elmshorner Nachrichten vom 2. Dezember 1964.

[2] „Man geht nicht irgendwo hin, sondern… ab Montag nur noch auf Zebrastreifen“, Elmshorner Nachrichten vom 30. Mai 1964.

[3] „Fußgänger sahen schmunzelnd zu“, Elmshorner Nachrichten vom 27. Januar 1965.

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