33-35

Der Dinosaurier der Königstraße

Wer heute durch die Königstraße bummelt, begegnet dem Namen Ramelow an unterschiedlichen Orten: Sei es das Mode- und Markenhaus in der Königstraße 31-35, die seit Jahren leerstehenden Ladengeschäfte im Doppelhaus 39-41, deren Schaufenster der Namensschriftzug „Ramelow“ ziert, oder die „Trendbox“ in dem Haus mit der Nummer 53. Während in den letzten Jahrzehnten fast alle inhaber*innengeführten Einzelhandelsgeschäfte aus der Elmshorner Innenstadt verschwanden, konnte Ramelow sein Geschäft stetig weiter ausbauen. Das Unternehmen setzte dabei von Anfang an auf Scharfblick und Innovationsmut.

„Unternehmungslust, kaufmännischer Geist und der sichere richtige Blick“ wurden schon dem Firmengründer und Namensgeber der heutigen „Gustav Ramelow KG“ bescheinigt. Als Sohn eines Kaufmanns eröffnete dieser am 17. Februar 1872 sein erstes Unternehmen, fernab der Elmshorner Königstraße, im mecklenburgischen Klütz.

Das Geschäft des jungen Ramelow expandierte schnell. Von der Firmengründung 1872 bis zum 50. Jubiläum 1922 eröffnete Gustav Ramelow 26 Geschäfte. Eines davon in Stargard, der heutigen Partnerstadt Elmshorns. Das Haupthaus in der Königstraße 33 erwarb Familie Ramelow 1928.

Nachdem Gustav Ramelow 1925 verstarb, übernahm seine Frau Margarete gemeinsam mit den drei Söhnen die Führung des Modeunternehmens mit 31 Geschäftshäusern, von denen sich der Großteil in Gebieten der späteren DDR befanden. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges enteignete die russische Besatzung die Brüder und nur drei Geschäfte blieben im Familienbesitz – sie alle befanden sich in der britischen Besatzungszone in Elmshorn, Uelzen und Bremerhaven. Während die Brüder Kurt und Hans Uelzen und Bremerhaven übernahmen, zog Wilhelm Ramelow mit seiner Familie in die zweite Etage über das Modehaus in der Elmshorner Königstraße.

Der Nachfolger von „Allers Gasthof“ ließ auf die Rückseite dieser Postkarte „Meißners Klub- und Ballhaus Königstraße 35“ drucken, gelaufen 1919. Sammlung IME
Die Postkarte mit Schmuckelement zeigt die ehemalige Bebauung der Hausnummer 35 mit „Allers Gasthof“, der einen großen, bis an die Krückau reichenden Saal besaß. Das benachbarte Grundstück Nummer 33 war noch unbebaut und gehörte dem Lederfabrikanten Strecker. Rechts das Gebäude ist die Nummer 37, heute „Bonita“. Sammlung IME

Ende der 1950er Jahre gab es bei „Ramelow“ einen großen Umbau, das Gebäude Nummer 33-35 wird um das Erdgeschoss des benachbarten Gebäudes Nummer 31 erweitert. Dabei entstand auch die durchgehende Passage zwischen Königstraße und Buttermarkt inklusive der noch heute genutzten Brücke. Der neue Durchgang wurde Schaufenster-Passage genannt und zählt zu den ersten Passagen in Schleswig-Holstein.

Bei einem weiteren Totalumbau 1986 wurde die Passage wieder geschlossen. Die Verbindung zum Nebengebäude und der Wegfall der Passage brachten ein Plus von 3000 qm Verkaufsfläche. Seitdem ist der Verbindungsweg auf die andere Seite des Ramelow-Hauses verlegt.

Marc Ramelow, der Enkelsohn Wilhelms, trat 1996 in vierter Generation in die Geschäftsführung ein und sorgte für eine Neustrukturierung der Gustav Ramelow KG. Eine von ihm initiierte Maßnahme war es, die bis in die 1990er Jahre eigenständig geführten Geschäftshäuser in Filialen umzuwandeln.

1957 ist die Hausfassade bereits umgebaut. Nebenan befand sich in der Königstraße 31 noch der Kolonialwarenladen „Thams & Garfs“. Foto: Per Koopmann, StA Elmshorn

Unter Marc Ramelows Leitung begannen in den 2000er Jahren umfangreiche Modernisierungsarbeiten – auch in der Königstraße. Nachdem im September 1968 die erste Rolltreppe Elmshorns in dem Modegeschäft „Ramelow“ installiert wurde, ließ er sie zu Beginn des neuen Jahrtausends gegen eine freistehende Treppe austauschen.

Insgesamt gehören neun Filialen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zu der „Gustav Ramelow KG“.

Um sich in der gewandelten Modewelt zu behaupten und gegen Modediscounter, internationale Filialen und den immer einflussreicher werdenden Onlinehandel weiterhin bestehen zu können, setzt das Familienunternehmen Ramelow auf Service. 2009 gründete Marc Ramelow die „Ramelow Akademie“. Hier werden seitdem Mitarbeiter*innen zu Top-Berater*innen ausgebildet.

Die Schaufenster-Passage von „Ramelow“ während der Sturmflut im November 1963 von der Krückaubrücke aus. Foto: E.-G. Scholz
In einer Nachtaktion wurde 1968 die erste Rolltreppe im Kreis Pinneberg in dem „Modehaus Ramelow“ in der Königstraße eingebaut. Foto: E.-G. Scholz

Unterschiedliche digitale Medien sorgen zudem für einen stetigen internen und externen Austausch. Per WhatsApp beraten Verkäufer*innen auch außerhalb der Geschäftsräume und seit 2017 tauschen sich die Mitarbeiter*innen aller acht Standorte mithilfe einer unternehmensinternen App für den persönlichen Informationsaustausch (PIA) aus. Über die „meinRamelow“-App lädt das Unternehmen regelmäßig zu Shopping-Events ein. Auch ein Onlineshop gehört mittlerweile zum Angebot Ramelows. Der Innovationsmut, den bereits Gustav Ramelow an den Tag legte, setzt sich noch immer fort und sorgt dafür, dass der Dinosaurier der Königstraße bis heute konkurrenzfähig bleiben konnte.

Nicht nur in der Königstraße, auch online kann bei Ramelow geshoppt werden. Foto: Dierk Kruse
Der Corona-Lockdown führte im März 2020 auch in den Elmshorner Geschäften zur Schließung. Die Firma „Ramelow“ informierte ihre Kund*innen über Aushänge im Schaufenster und bot neu den „shop@home-service“ an. Foto: Teja Sauer, Sammlung IME

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