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Wiederaufbau: vom Behelfsbau zum modernen Geschäft

Der heutige Holstenplatz war Ende des Zweiten Weltkrieges geprägt von Ruinen und brachliegender Fläche. Es wurden kleine Behelfsbauten errichtet, in die unter anderem „Juwelier Wermbter“, „Spielzeug Bieberstein“ und später „Radio Dörr“ einzogen. Auch nach dem Wiederaufbau Anfang der 1960er Jahre blieben die Geschäfte ihrem zentralen Standort am Elmshorner Bahnhof treu. Das Radiogeschäft und der Juwelierladen zogen in die beiden neu gebauten Pavillons angrenzend an die Bahngleise und das Spielzeuggeschäft in das große Wohn- und Geschäftshaus. Gemeinsam ist diesen unterschiedlichen Gebäuden die Adresse Königstraße 2.

„Radio Dörr“ in der Königstraße am Bahnhof, 1957. Im linken Gebäudeteil war der Juwelier Wermbter untergebracht. Rechts in der Tür hält Geschäftsführerin Ursula Dörr einen Plausch. Foto: Privatbesitz
Bahnhofsgelände mit „Seufzerbrücke“, 1956. Links, oberhalb der Treppe sind die nach dem Krieg errichteten Behelfsbauten in der Königstraße zu sehen. Dort eröffnete 1957 die erste „Radio Dörr“- Filiale Elmshorns. Foto: Per Koopmann, StA Elmshorn

Heinz Wermbter und Ehefrau Ilse betrieben in den 1946 errichteten Behelfsbauten auf dem Gelände des Bahnhofs Elmshorn in der Königstraße 2 ein Juweliergeschäft. 1957 wurde neben dem Juwelierladen ein Geschäft frei. Für 10.000 Mark erwarb das befreundete Ehepaar Fritz und Ursula Dörr das Ladengeschäft.

Die Freude, fortan Seite an Seite zu arbeiten, war groß. Familie Dörr war bewusst, dass sie das nach dem Krieg errichtete Behelfsgebäude im Zuge des geplanten Bahnhofsumbaus auf eigene Kosten würden abreißen müssen.

Die erste Filiale am Bahnhof

Während Fritz Dörr das Stammgeschäft in Tornesch betrieb, wurde Ursula Dörr zum neuen Gesicht der Filiale am Bahnhof. Im Sortiment waren Radios, Fernsehgeräte und Phonomöbel sowie eine große Auswahl an Schallplatten. Denn Ursula Dörr hat eine besondere Leidenschaft für Musik. Zu Beginn führte „Radio Dörr“ – dem Marktangebot entsprechend Waren aus deutscher Produktion. Denn diese Firmen, zum Beispiel Telefunken, Grundig und Nordmende, hatten Niederlassungen in Hamburg, was ein logistischer Vorteil war. Neben Radio-Reparaturen vermieteten die Dörrs, wie auch ihr Konkurrent „Radio Wichmann“, Lautsprecherwagen.

Schaufenster „Radio Dörr“ am Bahnhof, 1958. Für die Gestaltung der Fenster war Ursula Dörr zuständig, später wurde das Design durch die Einkaufsgenossenschaften festgelegt. Foto: Privatbesitz
1953 wurde der erste VW-Bus mit Firmenaufdruck angeschafft. Foto: Privatbesitz

Die erste Filiale am Bahnhof

Bis heute ist das Gelände, auf dem damals die Behelfsbauten standen, Eigentum der Deutschen Bahn. Für Familie Dörr bedeutete dies, immer wieder in Verhandlungen mit dem Konzern zu treten. Nachdem der erste Laden im Zuge des Bahnhofsneubaus im Jahr 1962 weichen musste, zog „Radio Dörr“ mit dem Geschäft übergangsweise auf die andere Seite der Gleise in die Mühlenstraße um.

Schließlich eröffnete Familie Dörr am 29.7.1964 in der Königstraße 2 einen unterkellerten Bau, in dem fortan mehr Ausstellungsfläche für Fernseher, Musikmöbel und Schallplatten zur Verfügung stand. „Juwelier Wermbter“ zog mit in den Gebäudekomplex. Die beiden Ladengeschäfte waren nun durch einen Durchgang zum Bahnhofsvorplatz getrennt. Nach dem Auszug von „Radio Dörr“ war dort zunächst ein Blumenladen untergebracht, heute ein „DB-Shop“.

Die 1964 gebauten Pavillons an den Bahngleisen und das angrenzende große Geschäfts- und Wohnhaus (am linken Bildrand) führen alle die Adresse Königstraße 2. Zwischen den Flachbauten verlaufen zwei Fußgängerpassagen zum Bahnhofsvorplatz. Im ehemaligen Geschäft „Radio Dörr“ (rechts) ist heute ein „DBShop“, im ehemaligen Juweliergeschäft „Wermbter“ ein Zeitungskiosk beheimatet. Foto: Hartmut Gailus, StA Elmshorn
Schaufenster in der Königstraße 2. Um konkurrenzfähig zu bleiben, trat Fritz Dörr 1969 dem Funkberater-Werbering bei. Als die Stadt mit dem City Center Elmshorn (CCE) am 7.7.77 sein erstes Einkaufszentrum bekam, war „Radio Dörr“ mit einer weiteren Filiale dabei. 1995 eröffnete Familie Dörr eine Filiale des Computer-Discounters „Vobis“ Ecke Friedensallee/Kaltenweide. Zehn Jahre später gab Dörr die Verkaufsfläche in der Friedensallee sowie alle Filialen auf. Foto: Privatbesitz

„Spielzeug Bieberstein“

1951 eröffnete der 1918 geborene Elektromeister Max Bieberstein mit seiner Frau Else ein Geschäft mit Spielwaren und Elektroartikel in den Behelfsbauten am Elmshorner Bahnhof. Das Stammhaus wurde bereits 1890 von seinen Schwiegereltern in Barmstedt als Korb- und Spielwarengeschäft eröffnet.

Schaufenster von „Spielzeug-Bieberstein“ in der Königstraße 2. Foto: Per Koopmann, StA Elmshorn

Als der Holstenplatz neu gestaltet wurde, zog das Spielwarengeschäft ins Erd- und Kellergeschoss des dreistöckigen Neubaus in die Königstraße 2. 1972 wurde das Sortiment um die Modellbau- und Eisenbahnabteilung im Keller erweitert. 2006 übernahm die fünfte Generation im Familienunternehmen die Geschäftsführung mit der Filiale in Barmstedt und 17 Angestellten. Im Januar 2018 musste „Spielzeug Bieberstein“ in Elmshorn für immer schließen.

In der Nummer 2 befindet sich heute ein türkisches Restaurant, während an der Fassade in den oberen Etagen noch der Schriftzug „Bieberstein“ von der ehemaligen Nutzung als Spielzeuggeschäft zeugt. Foto: Teja Sauer 2020, Sammlung IME
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