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Ein Kaffeehaus wird Schreibwarenhandlung

Neben der Stadtbücherei Elmshorn befindet sich ein Backsteinhaus mit prächtiger mehrfarbiger Jugendstilfassade. Bäckermeister Joachim Detlef Lienau baute dieses Gebäude zu Beginn des 20. Jahrhunderts und führte darin die seit 1756 bestehende Kaffeehaustradition der Familie Lienau fort.

Das „Kaffeehaus Lienau“ bewarb in einer Anzeige im Jahr 1926 seine „Konferenzzimmer“ und „Clubräume“. Außerdem wurden „jeden Sonntag ab 5 Uhr Konzert und Tanz“ geboten. Das Gebäck stammte aus der eigenen Konditorei und es gab „gepflegte Weine, hiesige und fremde Biere“. Die dort verkauften Getränke wurden unter anderem aus der Brauerei direkt nebenan, Haus Nr. 56 (heutige Stadtbücherei), bezogen. So fand sich beim Umbau des Hauses 1988 neben alten Dokumenten auch eine grüne Bügelflasche vom Nachbarn. Die Aufschrift: „Eigenthum von Johs Möhring, Elmshorn“.

Der Vorgängerbau in der Königstraße 54 war seit 1756 im Besitz der Familie Lienau. Das alte Haus wurde für den Neubau des Jugendstilgebäudes abgerissen. Foto: StA Elmshorn
Das Geschäfts- und Wohnhaus von Bäckermeister Joachim Lienau um 1950. Rechts befindet sich sein „Café Lienau“, links das „Papierhaus Bramstedt“. Foto: Per Koopmann, StA Elmshorn
Eine der vielen Postkarten, die der stolze Hausbesitzer für sein „Café Lienau“ anfertigen ließ. Sammlung IME
Das versilberte Jugendstil-Service trägt das Familienwappen und den Schriftzug „Café Lienau“. Im Rahmen des Projektes „773 Schritte durch die Zeit“ erfolgte die Spende der schönen Objekte. Sammlung IME
Blick aus dem Fenster der Familie Meyn in der Königstraße 57 gegenüber auf das „Café Lienau“. Foto: Privatbesitz

1946 zog das „Papierhaus Bramstedt“ mit in das Gebäude, nachdem der Firmensitz in der Schulstraße am Standort der heutigen „Flora-Apotheke“ im August 1943 ausgebombt wurde. Der Cafébetrieb in dem Haus des Bäckermeisters lief dennoch bis 1951 dort weiter; der Verkaufsraum und der Tanzsaal beherbergten nun die Papierhandlung. Zu dieser Firma gehörte noch eine Druckerei, die 1894 am Flam­weg gegründet wurde und später in der Schulstraße 62 ansässig war. In den kommenden Jahren vergrö­ßerte sich die Firma „Bramstedt“: 1950 entstand der Großhandel, und es wurde ein Außenlager am Sandberg angemietet. Die Kundschaft aus Elmshorn und Umgebung konnte nun mit dem „Tempo“, einem Dreiradkastenwagen, beliefert werden.

Wie viele in der Innenstadt niedergelassene Firmen ereilte auch das Geschäft „Papier Bramstedt“ die Flutkatastrophe im Februar 1962. Mehr als zehn Tonnen Papier mit Wasserschaden mussten vernichtet werden.

Helge Scholz berät eine Kundin im „Papierhaus Bramstedt“, um 1962. Foto: E.-G. Scholz

1983 wurde innerhalb von nur drei Monaten der Betrieb auf EDV umgestellt. Über sechs Bildschirmarbeitsplätze erfolgten nun der Betriebsablauf und die Finanzbuchhaltung.

Nur wenige Jahre vor ihrem 100-jährigen Geschäftsjubiläum erwarb die Firma 1988 ihren Sitz und ließ das Haus in der Königstraße 54 denkmalgerecht sanieren und umbauen. Die verwinkelten Räume wichen einer modernen 400 Quadratmeter großen Verkaufsfläche.

Bis 2010 bot „Papier Bramstedt“ in der Königstraße 54 ein umfangreiches Schreibwaren- und Bürobedarf-Sortiment an. Das Traditionsgeschäft trennte sich dann von seiner „Schreibwaren- Großhandlung“, und die Elmshorner*innen konnten ab Juni 2010 die Schreibwaren von „Papier Bramstedt“ unter dem Firmennamen „Skribo“ in der Marktpassage erwerben.

Räumungsverkauf bei „Papier Bramstedt“. Foto: E.-G. Scholz

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