Die Konditorei der Köche
Der Elmshorner Eduard Koch gründet 1873 in der Norderstraße ein kleines Café, das seine Frau Rebekka nach seinem frühen Tod 1878 weiter führt. Sie verlegt das Geschäft zunächst in die Königstraße 16 (heute „Vodafone“) und baut 1892 auf dem Grundstück Königstraße 20 ein dreigeschossiges Haus mit Café und Konditorei im Erdgeschoss (heute „Spiele Max“). Das Ehepaar Koch hat zwei Söhne: Emil Koch, der 1901 die „Elmshorner Nachrichten“ kauft, sowie Wilhelm Koch, der das Familienerbe in der Königstraße mit seiner Frau Anna übernimmt. Wilhelm Kochs Nachfolger wiederum wird später sein Neffe Uwe Koch, der bereits seit 1939 mit in der Geschäftsführung ist.
Die Konditorei macht sich mit Spezialitäten weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen. Das Café wird zu einem der beliebtesten Treffpunkte Elmshorns und bleibt es auch für viele Jahrzehnte.
1943 wird das Gebäude aber beim Bombenangriff zerstört. Das Geschäft führt damals Edith Koch, weil ihr Mann Uwe zum Kriegsdienst eingezogen ist. Er kehrt 1946, im Todesjahr seines Onkels, aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Café und Konditorei werden eingeschossig wieder aufgebaut. Uwe Koch richtet 1963 die bei seinen Gästen beliebte „Friesenstube“ mit Wilhelm Petersens Gemälde „Die Friesin“ ein.
Der Konditormeister Koch, der nach elfjähriger Tätigkeit im In- und Ausland zunächst als Teilhaber ins Geschäft seines Onkels eingetreten war, ist das jüngste Kind des Verlegers der „Elmshorner Nachrichten“, Emil Koch, und erhielt wohl deshalb von den Elmshornern den Spitznamen „Dr. Torte“. Der vermutliche Grund dafür: Sein Bruder Dr. Hartwig Koch übernimmt das väterliche Verlagsgeschäft und ist Verlagsleiter der Elmshorner Nachrichten von 1949 bis zu seinem frühen Tod 1953, und er trägt den Doktortitel der Philosophie.
Allerdings erfreuen sich nicht nur Uwe Kochs Torten, sondern auch seine Eisspezialitäten in Elmshorn und Umgebung großer Beliebtheit. In den 1950er- und 1960er-Jahren ist der Andrang im „Café Koch“ zeitweilig so groß, dass ein eigens angestellter Pförtner die vielen Gäste nur schubweise hereinlassen kann. Das „Café Koch“ wird „die“ Adresse in der Elmshorner Innenstadt. Hier trifft man sich in gediegener Atmosphäre, um bei Kaffee, Kuchen oder auch kleinen Speisen wichtige und weniger weittragende Themen zu besprechen.
Uwe Koch stirbt 1971, seine Tochter Silke führt ein Jahr später gemeinsam mit ihrem Mann Werner Fleig den Betrieb in vierter Generation weiter. Die Baufälligkeit des Nachkriegsgebäudes zwingt die Eheleute, das Haus abzureißen. 1976 wird in nur neun Monaten ein viergeschossiger Neubau mit etwa 770 Quadratmetern Nutzfläche an derselben Stelle erstellt und am 1. März des Jahres eröffnet. Als Architekten zeichnen „Thee & Kluwe“ für das Wohn- und Geschäftshaus verantwortlich. Das Café zieht in den ersten Stock. Es ist fortan über die 23 Stufen einer Außentreppe an der Ecke Königstraße/Ladenstraße zu erreichen. Im Erdgeschoss wird eine Filiale des Versandhauses „Quelle“ eröffnet.
Die Fleigs bieten zu jener Zeit auch vor ihrem Haus direkt auf der Königstraße Kaffee und Kuchen an und etablieren somit das wohl erste Straßencafé in der damals noch neuen Fußgängerzone. Dies kann aber Ende der 1970er-Jahre auf Dauer nicht den wachsenden Rückgang der Gäste im Café selbst ausgleichen. Deshalb schließen Silke und Werner Fleig in Absprache mit Seniorchefin Edith Koch das Café am 29. Juli 1980 für immer.
Im Anschluss übernimmt die Café-Räume der Chinese Tsang als Mieter. Er betreibt damals bereits im obersten Geschoss des Hauses Ecke Schulstraße/Peterstraße erfolgreich ein China-Restaurant. Das erste Stockwerk bleibt über viele Jahrzehnte ein China-Restaurant, später das „New Canton“. Vor wenigen Jahren zog in die Räume ein Fitness-Studio ein.
Im Erdgeschoss des Hauses bleibt die seit 1976 ansässige „Quelle“-Filiale mehr als 30 Jahre lang bestehen.
Heute befindet sich dort seit dem Mai 2019 der Spielwarenanbieter „Spiele Max“ als Nachfolger einer Filiale des dänischen Unternehmens „BR-Spielwaren“, das Ende 2009 die ehemaligen Räume von „Quelle“ übernommen hatte.